Praktische Tipps zur Durchführung eines Telefon-Testings

Beitrag von Kerstin Kühn (ADNB des TBB)

Ein Telefon-Testing ist eine Überprüfung, ob in einem Telefongespräch eine Diskriminierung passiert ist. Auf der Wohnungssuche zum Beispiel haben Menschen häufig das Gefühl, bei der ersten telefonischen Kontaktaufnahme zur Hausverwaltung oder dem_der Vermieter_in wegen ihres „ausländisch“ klingenden Namens oder ihres Akzents nicht zu Besichtigungsterminen eingeladen zu werden. Gesagt wird in diesen Fällen meistens, dass die Wohnung schon vergeben ist. Mit einem Testanruf können Betroffene ihr Gefühl überprüfen und testen, ob die Wohnung tatsächlich schon vergeben ist oder ob dies eine Lüge war, um eine Diskriminierung zu verdecken. Wenn es eine Diskriminierung war, ist ein Testanruf zugleich ein Indiz für den Beweis der Diskriminierung, der entscheidend hilft, sich gegen die Diskriminierung zu wehren oder sogar vor Gericht zu gehen. Das Nichteinladen wegen eines „ausländisch“ klingenden Namens oder eines Akzents ist eine (rassistische) Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft, die nach § 19 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verboten ist. Betroffene haben dann einen Anspruch auf Unterlassung in der Zukunft und auf Zahlung von Schadensersatz und Entschädigung nach § 21 Abs.1, 2 AGG. Bei dem Testanruf wird getestet, ob einer "deutsch" erscheinenden Person auch gesagt wird, dass die Wohnung schon vergeben ist. Der Ablauf eines solchen Testings sollte folgendermaßen sein, damit es solide Aussagekraft hat:

  1. Sie haben das Gefühl, gerade am Telefon diskriminiert worden zu sein.

  2. Sie entscheiden sich, das Gefühl überprüfen zu wollen. Das muss innerhalb sehr kurzer Zeit passieren, denn je mehr Zeit vergeht, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass andere Faktoren sich verändern oder dies behauptet werden könnte (z.B. dass die schon gefundene Mieterin absagt hat und die Wohnung wieder frei war).

  3. Sie nehmen eine zweite Person als Zeuge_in hinzu.

  4. Die_der Zeuge_in ruft von einer anderen Nummer oder mit unterdrückter Nummer wieder an, nennt einen deutschen Namen (entweder den eigenen oder einen erfundenen Namen) und fragt, in einer ähnlichen Art wie Sie vorher, nach einem Besichtigungstermin.

  5. a) Antwortet die Hausverwaltung dasselbe wie bei Ihnen, konnte nicht bestätigt werden, dass Sie vorher diskriminiert worden sind. Dann ist das Testing jetzt beendet.

b) Antwortet die Hausverwaltung jetzt anders (z.B. lädt sie den_die Anrufer_in zur Besichtigung ein), ist das ein Indiz, dass Sie vorher diskriminiert wurden. Dann können Sie folgendermaßen weitergehen:

  1. Sie und der_die Zeuge_in schreiben sofort ganz genau auf, was, wann, wo und wie passiert ist, mit wem genau gesprochen wurde, welche Telefonnummer angerufen wurde und welche Kontaktdaten die Hausverwaltung hat.

  2. Sie wenden sich sobald wie möglich an eine Antidiskriminierungsberatungsstelle und/oder eine_n Rechtsanwält_in. Beachten Sie bitte, dass die Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung nach dem AGG innerhalb von zwei Monaten geltend gemacht werden müssen, sonst verfallen sie. Die Geltendmachung kann durch eine Beratungsstelle geschrieben werden. Bitte planen Sie ausreichend Vorbereitungszeit für diese Geltendmachung ein. Damit ein Testing Aussagekraft hat, müssen möglichst viele Elemente gleich sein, außer dem Element, von dem getestet werden soll, ob es der Grund für eine bestimmte Behandlung ist, so wie der Name oder die Art des Sprechens (z.B. Akzent). Je mehr Unterschiede es gibt, desto eher kann es sein oder kann zumindest behauptet werden, dass es an etwas anderem lag, wenn die beiden Personen unterschiedlich behandelt wurden. Bei einem Telefontesting muss deshalb der Zeitpunkt des Testanrufs möglichst nah liegen. Auch die Art der Kommunikation sollte möglichst ähnlich sein. War zum Beispiel der erste Anruf recht kurz und förmlich, sollte der zweite Anruf ähnlich sein und nicht außerordentlich freundlich und redefreudig. Generell gilt, je mehr persönlicher Austausch, desto mehr besteht die Möglichkeit, dass die_der Gesprächspartner_in Sympathie für eine_n der beiden Anrufer_innen entwickeln kann, was rechtlich legitim ist und die Aussagekraft eines Testings verringert. Auch Faktoren wie Einkommen, Kinder oder Familienstatus können ausschlaggebend für Entscheidungen der Hausverwaltung sein. Daher sollten zwischen den beiden Personen keine Unterschiede diesbezüglich angegeben werden. Natürlich lassen sich diese Prinzipien für ein Testing auf andere Situationen am Telefon übertragen, z.B. für Stellenbewerbungen. Für schriftliche Testings müssen Betroffene wegen der Strafbarkeit von Urkundenfälschung vorsichtig sein und sollten am besten vorher eine Antidiskriminierungsberatungsstelle aufsuchen.

Stand: Januar 2014

Sitemap